Wie wird Wasserstoff produziert?
Es gibt verschiedene Produktionsverfahren für Wasserstoff als Energieträger, und weitere befinden sich in der Entwicklung. Jedes Verfahren kombiniert wirtschaftliche, technische, sicherheitsrelevante und ökologische Vor- und Nachteile, die für eine effektive Produktion geprüft werden müssen.
In Kürze
- Wasserstoff kann auf verschiedene Weise produziert werden. Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich in ihrer technischen, finanziellen und ökologischen Tragfähigkeit.
- Wasserstoff weist eine hohe Energiedichte im Verhältnis zur Masse auf und ermöglicht potenziell eine saubere Verbrennung. Für eine breite Akzeptanz muss jedoch das Problem der fehlenden robusten Produktions- und Speicherinfrastruktur gelöst werden.
- Grauer und blauer Wasserstoff, gewonnen aus Erdgas durch Methandampfreformierung oder autotherme Reformierung, werden derzeit in der Industrie am häufigsten verwendet.
- Türkiser Wasserstoff wird durch Methanpyrolyse hergestellt, die Erdgas bei hohen Temperaturen in Wasserstoffgas und festen Kohlenstoff zerlegt. Hier ist die Kohlendioxidabscheidung einfacher als im gasförmigen Zustand.
- Bei grünem Wasserstoff wird Wasser durch Elektrolyse in Sauerstoff- und Wasserstoffgas aufgespalten. Die Energie für die Elektrolyse wird aus erneuerbaren Quellen bezogen.
- Weniger verbreitete Verfahren der Wasserstoffproduktion sind z. B. die Nutzung von Kernenergie, die Photokatalyse mittels Sonnenlicht sowie biologische und biochemische Ansätze, die sich alle noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden.
Erwägungen rund um die Produktion
Da die Industrie im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel auf nachhaltige Energiequellen setzt, entwickelt sich Wasserstoff zu einer sauberen und vielseitigen Alternative zu fossilen Brennstoffen. Um das Potential dieses Brennstoffs nutzen zu können, müssen aber effiziente, kostengünstige und umweltfreundliche Produktionsverfahren entwickelt und bereitgestellt werden.
Einer der größten Nachteile von Wasserstoff ist der im Vergleich zu herkömmlichen fossilen Brennstoffen nicht wettbewerbsfähige Preis pro erzeugter Stromeinheit, der seine breite Nutzung verhindert. Daher sind Steuervorteile und weitere staatliche Anreize sehr wichtig für die Weiterentwicklung der Wasserstoffwirtschaft, denn sie bieten einen Ausgleich zu den höheren Kosten bei Produktion und Nutzung.
Es gibt verschiedenste Verfahren für die Produktion von Wasserstoff, die sich hinsichtlich ihrer technischen, finanziellen und ökologischen Tragfähigkeit unterscheiden. Diese Seite bietet einen Überblick über die gängigen Produktionsverfahren sowie über einige experimentelle Verfahren, die noch in der Entwicklung sind.
Chemische Eigenschaften
Wasserstoff als Energieträger bietet eine Reihe von überzeugenden technischen Vorteilen, z. B.:
- Hohe Energiedichte pro Masseneinheit im Vergleich zu herkömmlichen Brennstoffen
- Potenzial für CO₂-Emissionsfreiheit am Nutzungsort bei Einsatz in einer Brennstoffzelle
- Kein Energieverlust bei Langzeitlagerung, ein wesentlicher Vorteil gegenüber Batterien
- Vielseitige Anwendungsmöglichkeiten, einschließlich Transport und Energiespeicherung
Für eine breite Akzeptanz in der Industrie müssen allerdings noch einige Herausforderungen bewältigt werden. Sie betreffen im Wesentlichen die verfügbare Infrastruktur und die Kosten.
Im Vergleich zu bleifreiem Benzin hat Wasserstoff zwar eine hohe Energiedichte bezogen auf seine Masse, aber nicht bezogen auf sein Volumen. Seine massebezogene Energiedichte ist etwa dreimal so hoch wie die von Benzin. Dadurch ist Wasserstoff für Anwendungen interessant, bei denen es auf das Gewicht ankommt, beispielsweise bei Transporten über lange Strecken.
Die geringe Volumendichte von Wasserstoff erfordert jedoch zusätzliche Maßnahmen bei der Speicherung, häufig die Kompression von gasförmigem Wasserstoff oder die Verflüssigung mittels Kryotechnik. Diese Verfahren erhöhen zwar die Dichte, erfordern aber einen wesentlich komplexeren Vorgang. Zudem verbrauchen sie viel Energie, um den Wasserstoff zu verflüssigen und in einem kontrollierten Zustand zu halten. Dafür ist eine spezielle Infrastruktur notwendig. Wasserstoff ist leicht entzündlich und wegen seiner geringen Molekülgröße ist das Leckagerisiko höher. Deshalb sind strenge Sicherheitsprotokolle in der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich.
Grauer und blauer Wasserstoff
Grauer Wasserstoff, der derzeit in der Industrie am häufigsten eingesetzt wird, kann mit zwei thermochemischen Verfahren hergestellt werden: Methandampfreformierung (SMR) und autotherme Reformierung (ATR).
Sowohl SMR- als auch ATR-Verfahren beginnen mit einem Kohlenwasserstoff-Ausgangsmaterial, in der Regel Erdgas, das hauptsächlich aus Methan (CH4) besteht. Beim SMR-Verfahren wird Methan vorgewärmt und in Gegenwart eines Katalysators in einer Reformereinheit mit Hochtemperaturdampf (H2O) kombiniert. Beim ATR-Verfahren wird der Dampf zusammen mit einer kontrollierten Menge an Sauerstoffgas (O2) in die Reformereinheit eingeleitet und dadurch die Verbrennung ausgelöst. Im Gegensatz zu SMR-Verfahren benötigen ATR-Verfahren für den Methanreformierungsprozess keine Wärmezufuhr von außen.
Unter den extremen Temperaturbedingungen in beiden Verfahren unterstützt der Katalysator die Aufspaltung der Methan- und Wassermoleküle in der Reformereinheit und bricht ihre chemischen Bindungen auf. Dieses thermische Cracken ergibt einen Produktgasstrom, der den gewünschten Wasserstoff sowie Kohlenmonoxid und Spuren von Kohlendioxid enthält. Die Kohlendioxidgase werden in der Regel von Adsorberbetten direkt hinter dem Reformer zurückgehalten, während der Wasserstoff durch die Kammer strömt. Hier kann er gespeichert und später bei Bedarf genutzt werden.
In Anwendungen, bei denen Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben wird, wird der erzeugte Wasserstoff als grauer Wasserstoff bezeichnet. Wenn das CO2 jedoch abgeschieden und gespeichert wird (auch als Sequestrierung bezeichnet), erhält man blauen Wasserstoff.
Das ATR-Verfahren ist energieeffizienter als das SMR-Verfahren, da es keine externe Wärmequelle benötigt. Durch die kontrollierte Sauerstoffdosierung in der Reformereinheit wird zudem der Kohlenmonoxidausstoß deutlich reduziert. Der Kohlendioxidstrom ist deshalb reiner als beim SMR-Verfahren. ATR ist daher das ideale Verfahren für die Produktion von blauem Wasserstoff. Das ATR-Verfahren ist allerdings schwieriger zu überwachen und zu steuern. Dies gilt besonders für den mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbundenen Verbrennungsprozess.
Überblick
Die kontrollierte Dosierung von Sauerstoff in einer ATR-Reformereinheit erzeugt einen reineren Kohlendioxidstrom als das SMR-Verfahren. Das ATR-Verfahren eignet sich damit ideal für die Produktion von blauem Wasserstoff.
Die Umweltverträglichkeit von blauem Wasserstoff hängt von der Wirksamkeit und Skalierbarkeit von CCS-Technologien ab, die weiterhin Gegenstand laufender Forschung und Entwicklung sind.
Türkiser Wasserstoff
Türkiser Wasserstoff wird durch Methanpyrolyse hergestellt. Dazu wird Erdgas direkt auf extreme Temperaturen von über 900 °C erhitzt und es spaltet sich in Wasserstoffgas und festen Kohlenstoff. Kohlenstoff als Nebenprodukt lässt sich im festen Zustand leichter abscheiden als im gasförmigen.
Stammt die für die Pyrolyse benötigte Wärme aus erneuerbaren Quellen wie Solarenergie oder Erdwärme, wird der türkise Wasserstoff zu einem noch saubereren Energieträger. Dieses Produktionsverfahren ist zwar vielversprechend, befindet sich aber noch in den Anfängen. Seine Realisierbarkeit muss erst noch in größerem Umfang erprobt werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass der abgeschiedene Kohlenstoff dauerhaft speicherbar ist.
Grüner Wasserstoff
Grüner Wasserstoff ist die höchste Qualitätsstufe für nachhaltigen Wasserstoff. Er wird aus erneuerbaren Energien wie Sonnen-, Wind- oder Wasserenergie mittels Wasserelektrolyse produziert.
Die Elektrolyse ist ein Verfahren, bei dem mit elektrischer Energie Wassermoleküle (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) gespalten werden. Ein Elektrolyseur verfügt über zwei Elektroden, Anode und Kathode, und einen Elektrolyten, eine leitfähige Lösung, die den Ionenfluss zwischen den Elektroden ermöglicht.
Wenn Gleichstrom durch das System fließt, nimmt die Kathode Elektronen auf und es findet eine Reduktion statt. Dadurch werden negativ geladene Anionen aus dem Elektrolyten angezogen, um die Lücke zu füllen, die die von der Kathode angezogenen Elektronen hinterlassen haben. An der Anode findet eine Oxidation statt. Dabei werden Elektronen freigesetzt, so dass positiv geladene Kationen aus dem Elektrolyten zur Anode wandern.
An der Kathode nehmen positiv geladene Wasserstoffatome (H+) Elektronen auf und bilden Wasserstoffgas. Die Wassermoleküle an der Anode verlieren jedoch Elektronen. Hierdurch wird Sauerstoffgas freigesetzt und es entstehen neue Wasserstoffionen, die wieder zur Kathode wandern.
Im Endeffekt wird Wasser in Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle gespalten. Dieser grüne Wasserstoff wird gespeichert, während der Sauerstoff vollkommen unbedenklich in die Atmosphäre abgegeben werden kann.
Wenn überschüssige erneuerbare Energie zur Verfügung steht, bietet grüner Wasserstoff eine nachhaltige Möglichkeit, sie zu speichern und später bei Bedarf ins Netz einzuspeisen. Im Gegensatz zu in Batterien gespeicherter Energie kommt es bei gespeichertem Wasserstoff nicht zu Langzeitverlusten. Daher ist er besonders für die saisonale oder langfristige Energiespeicherung interessant.
Überblick
Im Gegensatz zu in Batterien gespeicherter Energie kommt es bei gespeichertem Wasserstoff nicht zu Langzeitverlusten. Daher ist er besonders für die saisonale oder langfristige Energiespeicherung interessant.
Allerdings gelten auch hier die Gesetze der Thermodynamik. Danach ist die Energie, die für die Elektrolyse zur Produktion von Wasserstoff benötigt wird, größer als die Energie, die aus dem Produkt gewonnen wird. Aktuellen Schätzungen des National Renewable Energy Laboratory zufolge erreicht die Elektrolyse einen Wirkungsgrad von 70 bis 80 %. Das bedeutet, dass nur dieser Teil der erneuerbaren Energie, die zur Durchführung des Prozesses eingesetzt wird, als potenzielle Energie im erzeugten Wasserstoff verfügbar ist.
Darüber hinaus steht die Infrastruktur für Elektrolyseure noch ganz am Anfang. Bevor sie in großem Maßstab nutzbar ist, muss sie weiterentwickelt und ihre Effizienz erhöht werden.
Seltenere Verfahren
Es gibt noch einige seltenere Verfahren zur Wasserstoffproduktion, z. B. die Nutzung von Kernenergie, die photokatalytische Wasserspaltung sowie biologische und biochemische Verfahren.
Wasserstoffproduktion mit Kernenergie
Elektrolyse mit Strom aus Kernenergie ist möglicherweise ein Weg zur kohlenstofffreien Wasserstoffproduktion im großen Rahmen. Der Wasserstoff wird hierbei als rot oder violett bezeichnet. Dieses Verfahren befindet sich noch in der Entwicklung. Da Kernkraftwerke durchgehend betrieben werden, sind sie eine stabile Energiequelle für die Wasserstoffproduktion und unterliegen nicht den unvermeidlichen Schwankungen, die erneuerbare Energie mit sich bringt. Bedenken in der Bevölkerung in Bezug auf nukleare Sicherheit, Entsorgung von Abfällen und Proliferationsrisiken stehen einer breiteren Akzeptanz jedoch im Wege.
Photokatalytische Wasserspaltung
Bei der photokatalytischen Wasserspaltung wird die Kraft der Sonne direkt genutzt. Dabei absorbieren Halbleitermaterialien das Sonnenlicht, um Wassermoleküle ohne Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Wenn Photonen auf den Halbleiter eines Photokatalysators auftreffen, regt er Elektronen an, die dann Energie für eine chemische Reaktion liefern, ähnlich der Photosynthese bei Pflanzen.
Dieses Verfahren ist noch lange nicht ausgereift, und es bedarf weiterer Forschung, um kostengünstige photokatalytische Materialien zu entwickeln. Erste Versuche deuten jedoch darauf hin, dass der Wirkungsgrad deutlich höher ist als bei der Elektrolyse mit elektrischem Strom.
Biologische und biochemische Wasserstoffproduktion
Ein weiteres mögliches Nischenverfahren für die künftige Produktion von nutzbarem Wasserstoff ist die Biophotolyse. Dabei wird die natürliche Photosynthesefähigkeit von Algen und Cyanobakterien genutzt, um Wasserstoff aus Gewässern zu gewinnen. Darüber hinaus können enzymatische Reaktionen möglicherweise bei der Wasserstoffproduktion aus Biomasse oder Wasser als Katalysator dienen.
Diese Verfahren befinden sich heute noch in einem rein experimentellen Stadium, aber es ist wichtig, die Grenzen und Möglichkeiten der Wasserstofferzeugung auszuloten. Nur so kann sich die Wasserstoffwirtschaft zu einem effizienten und praktikablen Grundstein entwickeln, um die Treibhausgase aus der Industrie zu reduzieren.
Effektive Nutzung von Produktionsverfahren
Um Wasserstoff effektiv produzieren und nutzen zu können, müssen finanzielle, technische und ökologische Faktoren sorgfältig abgewogen werden, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Eine Verbesserung und Ausweitung verschiedener Verfahren zur Wasserstoffproduktion wird den Einsatz von Wasserstoff in vielen verschiedenen Anwendungen rentabler machen.
Derzeit ist die Produktion von grauem Wasserstoff mithilfe von SMR- und ATR-Prozessen zwar noch das vorherrschende Verfahren, durch staatliche Steueranreize wächst jedoch die Produktion von blauem Wasserstoff. Um die Umweltauswirkungen zu reduzieren, kommen dabei Technologien zur Kohlendioxidabscheidung zum Einsatz. Grüner Wasserstoff, der durch Elektrolyse mittels erneuerbarer Energien erzeugt wird, bietet eine nachhaltigere Lösung. Im Hinblick auf Skalierbarkeit und Kosteneffizienz sind aber noch weitere technologische Fortschritte erforderlich.
Neue Verfahren wie die Methanpyrolyse und die photokatalytische Wasserspaltung bieten vielversprechende Alternativen. Sie stehen aber noch ganz am Anfang und erfordern weitere Forschung und Entwicklung. Ein vielfältiger Ansatz mit verschiedenen Produktionsverfahren ist neben unterstützenden politischen Maßnahmen und kontinuierlicher Innovation eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Wasserstoff zu einem Grundstein für eine nachhaltige Energieversorgung werden kann.